Es ist erforderlich, dass der Auditor weiss, wie der reaktive Verstand Wichtigkeiten bewertet. Wie schwachsinnig er auch sein mag, der reaktive Verstand unterscheidet krass zwischen Freund und Feind, und das ist praktisch die einzige Differenzierung, die er vornimmt.
Für die Entdeckung eines Verbündeten gibt es ein entscheidendes Kriterium. Denken Sie daran, dass der Verbündete Teil von Mitgefühlsengrammen ist, derjenigen Engrammsorte also, die am ehesten psychosomatische Krankheiten, Entwicklungshemmungen und riesige Verwirrung verursacht. Solange der reaktive Verstand rebellieren und ablehnen kann, schützt er, soweit er dazu in der Lage ist, den Organismus vor Feinden. Natürlich kann er aufgrund besonderer Umstände in die Valenz des Feindes gedrängt werden, so dass er Chaos verursacht und sich allgemein abreagiert, falls es sich um eine gewinnende Valenz handelte. Gewöhnlich wird er aber die Daten des Feindes, die in einem überlebensfeindlichen Engramm enthalten sind, nur als »rotes Tuch« benutzen. Nähert sich die allgemeine Tonstufe der Zone eins, dann beginnt der reaktive Verstand natürlich, feindliche Befehle aufzulesen und ihnen zu gehorchen. Wenn der Vater der Bösewicht ist, also ein Widersacher, dann werden die Befehle des Vaters reaktiv nicht befolgt, sondern gewöhnlich abgelehnt oder zu vermeiden gesucht.
Mit dem Verbündeten ist das jedoch nicht der Fall. Dem Verbündeten – dem Menschen, von dem Mitgefühl kam, als der Patient krank oder verletzt war – wird Beachtung und Gehorsam entgegengebracht, da seine »Absicht« mit der Absicht des Patienten (zu überleben) offensichtlich parallel läuft. Wenn etwas an einer Person richtig ist, dann ist nach dem schwachsinnigen reaktiven Verstand alles an dieser Person richtig – alles, was diese Person sagt und tut, ist richtig, und ganz besonders das, was sie im engrammatischen Geschehnis sagte.
Die chronische psychosomatische Krankheit stammt gewöhnlich aus einem Mitgefühlsengramm. Das ist sehr wichtig, denn das Mitgefühlsengramm wird als letztes oder am schwersten erreichbar sein, da es mit der Absicht zu überleben konform geht.
Ein »Musst-es-glauben« von einem Verbündeten bedeutet, dass die Person glauben muss. Ein »Musst-es-glauben« von einem Widersacher bringt gewöhnlich mit sich, dass die Person nicht glauben darf.
Hier, im Verbündeten und im Widersacher, haben wir die uralte Geschichte vom Helden und dem Schurken, der Heldin und der Schurkin, von Mazda und Ahriman, von dem Cowboy mit dem weissen Hut und dem Cowboy mit dem schwarzen Hut. Die Quelle der Hindu-Dreieinigkeit liegt in Vater, Mutter und ungeborenem Kind. Aber den Kampf zwischen »Gut und Böse« finden wir als reaktive Daten in der Engrammbank – in Form des Verbündeten und des Widersachers.
Der Gipfel aller Logik, zu der der reaktive Verstand fähig ist, ist zweiwertig, weiss und schwarz, und zweiwertige Logik findet nur in der reaktiven Bank Widerhall. Der reaktive Verstand rechnet alle Probleme mit absoluten Grössen aus und erzeugt damit logische Monstrositäten, denn dort gibt es das absolut Gute, das absolut Böse und das absolute Gleichsetzungsdenken. Jede vernünftige Überlegung zeigt, dass etwas Absolutes vom Standpunkt der Wahrheit oder Brauchbarkeit her unmöglich ist; aber der reaktive Verstand hat niemals Bedenken, er reagiert einfach. Er erkennt einen Fürsprecher auf den ersten Blick (meint er), und er erkennt einen Bösewicht (nimmt er an). Der Verbündete, der Fürsprecher, ist jeder, der irgendein Merkmal des Verbündeten besitzt. Der Widersacher, der Bösewicht, ist jeder, der irgendein Merkmal des Widersachers hat. Weiterhin ist alles, was mit dem Verbündeten zusammenhängt, förderlich und alles, was mit dem Widersacher zu tun hat, bösartig. Ist der Verbündete eine Tante, dann sind Tanten gut. Ist der Widersacher ein Schildermaler, dann sind alle Schildermaler böse. Die Deckchen, die Tantchen häkelte, sind gut, und somit sind Deckchen überhaupt gut, alle Häkelarbeit ist gut, alles, das mit Gehäkeltem bedeckt ist, ist gut und alles, was ähnlich wie Häkelarbeit aussieht, ist gut usw. – mit der widersinnigen Konsequenz, wie sie nur der reaktive Verstand ohne den leisesten Zweifel zuwege bringt. Und die Schilder, die der Maler herstellte, sind böse, Stellen, wo sie sich befinden, sind böse, Farbe ist böse, der Geruch von Farbe ist böse, und Pinsel sind böse, daher sind Haarbürsten böse, und Frisiertische, auf denen Haarbürsten liegen, sind böse usw.
Hier haben wir ein Axiom, das man bei der Arbeit mit einem Patienten auf keinen Fall unterschätzen sollte:
Jede chronische psychosomatische Krankheit hat ihren Ursprung in einem Mitgefühlsengramm.
Und ein weiteres:
Der reaktive Verstand wird nicht zulassen, dass ein Mensch aberriert oder chronisch psychosomatisch krank wird, es sei denn, die Krankheit hat Überlebenswert.
Das bedeutet nicht, dass die Person hierüber analytisch frei entscheiden kann. Es bedeutet, dass der reaktive Verstand, der im stillen arbeitet und bisher so gut verborgen war, auf der Grundlage von Identitätsberechnungen körperliche und geistige Zustände herausgreift, um jeglichen Umständen gerecht zu werden, die irgendeinem Wahrnehmungsinhalt in der Engrammbank auch nur entfernt ähnlich sind.
Allerdings gibt es auch die Notwendigkeitsstufe. Diese hebt sich und keyt Engramme aus; sie kann sogar die Kontrolle des reaktiven Verstandes selbst auskeyen. Die Notwendigkeitsstufe hebt sich oft. Die Person kann das analytisch erzwingen, ob nun ein wirklicher Anlass besteht oder nicht. Eine Person hat vielleicht kein Engramm, das mit der Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl wegen Mordes zu tun hat, kann aber ein Engramm haben, das Mordlust beinhaltet. Die Notwendigkeitsstufe hebt sich und überwindet analytisch alle Impulse zu töten, denn der Analysator weiss alles über elektrische Stühle. Wenn sich die Notwendigkeitsstufe nicht heben kann, haben wir es mit einer Person von geringer Dynamik zu tun. Ein Künstler, der in Bezug auf seine Arbeit aufgrund der freundlichen Anstrengungen von ätzend hilfsbereiten Kritikern furchtbar aberriert ist, kann seine Notwendigkeitsstufe steigern, sich zusammenreissen und ein weiteres Bild malen – und zum Teufel mit der Tante, die sagte, er habe ihr in ihrem Porträt ein Doppelkinn gegeben, und das Werk in Stücke riss, oder zum Teufel mit den Kritikern, die sagten, er sei zu avantgardistisch und seine Arbeitsweise zu flüchtig. Die Notwendigkeitsstufe kann sich – mit den Worten eines Marineoffiziers – »durch Schneid allein« mit einem Schwung über den reaktiven Verstand hinausheben.
Wenn eine Person von allzu vielen Restimulatoren umgeben ist und ihr das Leben zu übel mitspielt, kommt sie – gefangen in der enger werdenden Abwärtsspirale reaktivierter Engramme – schliesslich an den Punkt, wo sie nicht länger gesund bleiben kann. Wenn das ihr erstes ernstes Absacken ist und es sie weit hinunterführt, wird sich eine psychosomatische Krankheit einstellen und mehr oder weniger chronisch werden, die – das ist wichtig – direkt einem Mitgefühlsengramm entstammt.
Alle psychosomatischen Krankheiten führen aberrierende Befehle mit sich – auch wenn das nicht so offensichtlich ist –, was bedeutet, dass eine Person, die unter einer psychosomatischen Krankheit leidet, auch unter der Aberration leidet, die Teil desselben Engramms ist, ob es ihr nun gefällt oder nicht.
Wenn der Auditor die echten Holder finden möchte, die echten Gründe, aus denen ein Fall Widerstand gegen das Gesundwerden zu leisten scheint, die wirklichen aberrierenden Faktoren und Krankheiten, dann muss er nach dem oder den Verbündeten (denn bei jedem Fall kann es viele davon geben) schauen. Er muss die schmerzliche Emotion des Verlustes oder der Ablehnung, die mit ihnen verbunden sind, ausschöpfen und dann sofort weiter zurückgehen, um die zugrundeliegenden Engramme zu finden.
Denken Sie auch daran, dass der reaktive Verstand zu dumm ist, um zu erkennen, dass die zwei Seiten einer Person zur selben Person gehören. Somit können wir Mutter als den weissen Engel und Mutter als die schreiende Vettel finden. Als weissem Engel wird ihr unbedingt gefolgt, als Vettel wird sie abgelehnt. Vater mag Vater der Wohltäter und Vater der Kindesmörder sein. Und so ist das mit allen Verbündeten. Doch nur der reine, der absolute, der unwandelbare Verbündete, der entschlossen und fest die kalte, scharfe Hand des Todes zurückstiess und zärtlich in das ermattende Händchen des sehnsüchtigen Kindes die starke, leuchtende Lebensfackel legte (oder wenigstens sagte: »Armes Kind, dir geht es so schlecht; bitte weine nicht!«), ist das Vorbild, das überragende Beispiel, das lorbeerbekränzte Idol, das zu den Göttern freien Zugang hat. (Das war der alte Opa; er trank zuviel und schummelte beim Kartenspiel; der reaktive Verstand sieht es jedoch nicht so, denn Opa schleppte das Kind durch die Lungenentzündung und wusste genau, dass es durchkommen würde; eine gute Tat, wenn er kein solches Melodrama daraus gemacht und nicht soviel geredet hätte, als das arme Kind »bewusstlos« war.)
Fragen Sie den Patienten geschickt über Vater und Mutter aus; ist er über ihren Tod nicht sehr verstört (sofern sie nicht mehr leben) oder zeigt er sich ihnen gegenüber einfach gleichgültig bzw. bleckt er seine Zähne, dann sind sie Widersacher; hier werden Sie keinen Verbündeten finden. Wenn Mutter und Vater mit gleichgültiger, zorniger oder unterwürfiger Haltung betrachtet werden, dann können Sie sicher sein, dass der Patient zwischen Empfängnis und Geburt und auch danach ein hartes Dasein fristete, und Sie können demzufolge sicher sein, dass es zahllose Verbündete geben wird, denn das Kind wird bei jeder Schramme oder Verletzung zu einem Verbündeten Zuflucht genommen haben. Aber durch blosse Fragen werden Sie die Verbündeten gewöhnlich nicht finden. Der reaktive Verstand hält sie für pures Gold, auch wenn die Engramme, in denen sie vorkommen, genügend Somatiken enthalten, um die Person für ihr ganzes Leben zugrunde zu richten. Er versteckt Verbündete. Der Auditor muss nach ihnen suchen, indem er schmerzliche Emotion entlädt. Wenn ein Verbündeter starb, fort ging oder den Patienten ablehnte, wurde auf jeden Fall ein Engramm mit schmerzlicher Emotion aufgezeichnet. Aber ob man nun von späteren schmerzlichen Emotionen oder von früheren Engrammen mit körperlichem Schmerz aus daran arbeitet, die Verbündetenberechnung wird schliesslich enthüllt; sie kann dann als Erinnerung in die Standardbanken übertragen und als Krankheit aus der Engrammbank ausgelöscht werden.
Die Lösung des Problems chronischer psychosomatischer Leiden liegt vor allein auf dem Gebiet der Mitgefühlsengramme. Diese lassen sich jedoch nicht in einem frühen Stadium tilgen, denn sie sind die innere Bastion, hinter der sich der reaktive Verstand duckt und den Ansturm der Widersacher auf die äusseren Befestigungsanlagen beobachtet. Die schmerzliche Emotion des Verlustes von Verbündeten verdeckt manchmal nicht nur Verbündete, sondern auch Widersacher. Das Mitgefühlsengramm ist keineswegs die einzige Quelle psychosomatischer Krankheiten; es ist aber die Quelle chronischer psychosomatischer Krankheiten.
Diese Ausführungen über Verbündete sind übrigens keineswegs so auszulegen, dass man einem Kind keine Liebe schenken sollte. Manche Beobachter sind in der Vergangenheit auf fragwürdige Ideen verfallen, weil sie den Eindruck hatten, dass offen gezeigte Zuneigung ein Kind aberriere. Mangel an Zuneigung kann es umbringen, das Gegenteil trifft jedoch nicht zu. Ein Verbündeter kann ein Kind nur aberrieren, indem er mit ihm spricht und Mitleid zeigt, wenn es sehr krank oder aufgrund einer Verletzung »bewusstlos» ist. Tut er das, vermengt er die Persönlichkeit des Kindes mit seiner eigenen; er schafft eine spätere Anfälligkeit für psychosomatische Krankheit und für Aberrationen und kann das Kind für das Leben allgemein untauglich machen (vorausgesetzt natürlich, dass es keine Dianetik gäbe). Lieben Sie das Kind aus ganzer Kraft, und tun Sie für es, soviel Sie können, wenn es wohlauf ist. Erweisen Sie ihm Gutes, wie Sie wollen, und sagen Sie alles zu ihm, was Ihnen einfällt, solange es gesund ist. Ist es krank oder verletzt, dann ist es am besten, es »zusammenzuflicken und das Maul zu halten«, wie der Bootsmann sagen würde.