In den von der Dianetik zuerst entwickelten Formeln – als die Forschung noch am Anfang stand – wurde angenommen, daß das Überleben als rein persönliches Überleben angesehen werden könnte und diese Erklärung trotzdem allen Bedingungen genügen würde. Der Wert einer Theorie hängt allein von ihrer Brauchbarkeit ab. Und sie ist in dem Maße brauchbar, wie sie beobachtete Tatsachen erklärt und Neues vorhersagt, das man dann auch tatsächlich entdeckt.
Zunächst wurde versucht, das Überleben nach rein persönlichen Kriterien zu entwerfen, bis schließlich alle Tätigkeiten des Menschen theoretisch allein vom Selbst her erklärt werden konnten. Die Logik schien halbwegs stichhaltig zu sein. Doch dann wurde die Theorie auf die Welt angewandt. Irgendetwas war falsch: sie löste keine Probleme. Tatsächlich war die Theorie des Überlebens als Selbst allein so unbrauchbar, daß sie den Großteil der Verhaltensphänomene unerklärt ließ. Doch ließ sie sich berechnen, und es sah immer noch gut aus.
Dann kam der Augenblick, in dem ein beinahe intuitiver Gedanke auftauchte: daß nämlich das Verstehen des Menschen sich in dem Verhältnis steigerte, wie er seine bruderschaftliche Beziehung zum Universum erkannte. Das war eine hochfliegende Idee, doch sie brachte Ergebnisse.
War die Menschheit selbst eine bruderschaftliche Gruppe? Der Mensch hatte sich als Herdenwesen entwickelt und war als solches stark geworden, als Tier, das in Rudeln jagte. Es schien möglich, alle seine Aktivitäten vom Standpunkt des Überlebens der Gruppe aus zu berechnen. Diese Berechnung wurde durchgeführt und nahm sich gut aus. Es wurde angenommen, daß der Mensch einzig und allein im Rahmen des Überlebens seiner Gruppe überlebte. Das sah gut aus, ließ aber die Mehrzahl der beobachteten Phänomene unerklärt.
Danach wurde versucht, das Verhalten des Menschen zu erklären, indem man allein die ganze Menschheit in Betracht zog; es wurde also angenommen, daß die Menschheit in höchst altruistischer Weise für die Menschheit überlebte. Das traf genau Jean-Jacques Rousseau’s Waldidylle. Daß der Mensch nur lebt, um als ganze Menschheit zu überleben, ließ sich als Berechnung erfolgreich aufstellen. Doch im Laboratorium der Welt angewandt, taugte das nicht.
Aber hatten nicht einige angenommen, alle Aktivitäten des Menschen und sein ganzes Verhalten durch die Annahme erklären zu können, daß er nur um der Sexualität willen lebe? Das war keine neue Annahme. Aber es wurden auf dieser Grundlage einige neue Berechnungen angestellt, und es ist wahr, daß durch ein paar geschickte Wendungen der Formel die Überlebensaktivitäten des Menschen rein vom Sexuellen her erklärt werden können. Als dies dann auf beobachtete Tatsachen angewandt wurde, erwies sich aber wiederum, daß damit nicht jedes Phänomen zu erklären war.
Das bis jetzt Versuchte wurde nochmals überprüft. Es war angenommen worden, daß der Mensch nur für sich selbst als einzelner überlebt; es waren Berechnungen angestellt worden, daß er nur für die Gruppe, das Rudel, für die Gesellschaft überlebt; es war angenommen worden, daß er nur für die Menschheit überlebt; und schließlich war darüber theoretisiert worden, daß er ausschließlich für die Sexualität lebt. Keine dieser Berechnungen aber war für sich allein brauchbar.
Eine neue Berechnung zur Überlebensdynamik wurde angestellt. Wofür überlebte der Mensch wirklich? Alle vier Faktoren – das Selbst, die Sexualität, die Gruppe und die Menschheit – wurden in eine neue Formel eingesetzt. Und siehe da, eine Theorie war gefunden, die funktionierte. Sie erklärte alle beobachteten Erscheinungen, und sie sagte neue Erscheinungen voraus, deren Existenz dann auch entdeckt wurde. Folglich war es eine wissenschaftliche Formel.
Aus der Überlebensdynamik wurden in dieser Weise die vier Dynamiken entwickelt. Mit Überlebensdynamik ist der grundlegende Befehl »überlebe!« gemeint, der aller Aktivität zugrunde liegt. Mit Dynamik ist jeweils eine der vier Kräfte des gesamten dynamischen Prinzips gemeint. Die vier Dynamiken sind keine neuen Kräfte, sie sind Unterteilungen der Hauptkraft.
DIE ERSTE DYNAMIK ist der Drang des einzelnen zu seinem eigenen optimalen Überleben. Sie umfaßt seine unmittelbaren Symbionten, die Ausdehnung der Kultur zu seinem eigenen Vorteil und die Unsterblichkeit seines Namens.
DIE ZWEITE DYNAMIK ist der Drang des einzelnen zum optimalen Überleben durch den Geschlechtsakt, die Zeugung und das Aufziehen von Kindern. Sie umfaßt sowohl deren Symbionten, die Ausdehnung der Kultur für sie, als auch die Sorge für ihre Zukunft.
DIE DRITTE DYNAMIK ist der Drang des einzelnen zum optimalen Überleben für die Gruppe. Sie schließt die Symbionten der Gruppe sowie die Ausdehnung ihrer Kultur ein.
DIE VIERTE DYNAMIK umfaßt den Drang des einzelnen zum optimalen Überleben für die gesamte Menschheit. Sie umfaßt die Symbionten der Menschheit und die Ausdehnung ihrer Kultur.
Leben, Atom und Universum sowie Energie selbst sind als Symbionten einbezogen.
Man wird sofort sehen, daß diese vier Dynamiken eigentlich ein Spektrum ohne scharfe Trennlinien bilden. Die Überlebensdynamik reicht, wie man sehen kann, über den einzelnen hinaus und umfaßt die gesamte Art und deren Symbionten.
Keine dieser Dynamiken ist einer anderen an Stärke unbedingt überlegen. Jede ist stark. Sie sind die vier Wege, die ein Mensch zum Überleben einschlägt. Eigentlich sind aber die vier Wege ein Weg. Und der eine Weg ist in Wirklichkeit ein Spektrum von Tausenden von Wegen, die in diesen vier Wegen enthalten sind. Sie alle haben eine Beziehung zur Vergangenheit, zur Gegenwart und zur Zukunft, denn die Gegenwart kann als die Summe der Vergangenheit und die Zukunft als das Produkt von Vergangenheit und Gegenwart angesehen werden.
Man kann davon ausgehen, daß alle Ziele des Menschen innerhalb dieses Spektrums liegen. Alles Verhalten läßt sich so erklären.
Die Behauptung, der Mensch sei selbstsüchtig, trifft zu, wenn man einen aberrierten Menschen meint. Daß er asozial sei, trifft ebenfalls zu, sofern er aberriert ist. Und andere Aussagen dieser Art klären sich ebenso.
Nun ist zu erkennen, daß sich diese vier Dynamiken im Wettstreit miteinander befinden, während sie in einem Menschen oder in der Gesellschaft wirksam sind. Dafür gibt es einen vernünftigen Grund. Der Ausdruck »sozialer Wettstreit« ist eine Mischung aus aberriertem Verhalten und andererseits Schwierigkeiten, die bei aller Vernunft unvermeidlich sind.
Jeder Mensch, jede Gruppe oder Rasse kann sich auf völlig rationaler Ebene mit jeder Rasse, Gruppe oder mit jedem beliebigen Menschen, ja sogar mit der Sexualität, im Wettstreit befinden.
Die Formel der optimalen Lösung lautet: Die Lösung eines Problems ist gut, wenn sie das Maximum an Gutem für die größtmögliche Zahl an Dynamiken enthält. Jede Lösung – modifiziert durch die Zeit, die zur Verfügung steht, um die Lösung in die Tat umzusetzen – sollte also für die größtmögliche Anzahl der Dynamiken förderlich und konstruktiv sein. Für jedes Problem wäre die optimale Lösung jene, die für alle Dynamiken den maximalen Nutzen erreicht. Mit anderen Worten: ein Mensch würde bei den Entscheidungen über die Verwirklichung eines Vorhabens am besten fahren, wenn er möglichst allem, was zu den vier Dynamiken gehört, Nutzen brächte, soweit sein Vorhaben mit ihnen in Berührung kommt. Es wäre also nötig, auch sich selbst zu nutzen, um die Lösung optimal nennen zu können. Und die Förderung der Gruppen- und Menschheitsdynamik bei gleichzeitiger Hemmung der Geschlechtsdynamik und der Dynamik des einzelnen wäre dementsprechend von der bestmöglichen Lösung weit entfernt. Das Verhaltensmuster des Überlebens ist auf dieser Formel der optimalen Lösung aufgebaut. Sie ist die grundlegende Formel, die allem rationalen Verhalten zugrunde liegt und auf deren Grundlage der Clear handelt. Sie ist dem Menschen von Natur aus zu eigen.
Die beste Lösung für jedes Problem ist also die, die der größtmöglichen Zahl von Wesen den größten Nutzen bringen wird, einschließlich des einzelnen, der Nachkommen, der Freunde der Familie, politischer und rassischer Gruppen sowie, auf lange Sicht, der gesamten Menschheit. Das Maximum an Gutem kann auch eine gewisse Zerstörung erfordern, jedoch verschlechtert sich die Lösung im Verhältnis zum Ausmaß der Zerstörung. Selbstaufopferung und Selbstsucht beeinträchtigen gleichermaßen die Formel optimalen Handelns. Gegenüber beidem ist man zu Recht mißtrauisch gewesen.
Hier kommt es ausschließlich auf die Frage an: Funktioniert es? Sogar im nicht aberrierten Zustand gibt es Zeiten, in denen die eine oder andere dieser Dynamiken aus der Berechnung irgendeiner Unternehmung fallengelassen werden muß. In der Tat gibt es nur wenige Probleme, die so umfassend sind, daß alle Dynamiken einbezogen werden müssen. Aber wenn ein Problem solche Intensität erreicht – und Zeit kein wichtiger Faktor ist –, dann können schwerwiegende Fehler unterlaufen, wenn beim Erwägen der Faktoren die eine oder andere Dynamik außer acht gelassen wird.
Im Fall Napoleons, der auf Kosten der restlichen europäischen Menschengemeinschaft »Frankreich rettete«, war die Formel der optimalen Lösung so stark vernachlässigt, daß alle revolutionären Gewinne des französischen Volkes verloren gingen. Im Fall Cäsars, der »Rom rettete«, wurde die Formel so schlecht befolgt, daß Roms Überleben behindert wurde.
Doch gibt es Sonderfälle, in denen die Formel der optimalen Lösung so stark von der Zeit abhängt, daß bestimmte Dynamiken übergangen werden müssen, damit andere bestehen bleiben können. Wenn ein Seemann sein eigenes Leben opfert, um das Schiff zu retten, so dient das der Gruppendynamik. Eine solche Handlung ist eine wirkungsvolle Lösung eines Problems, doch sie verstößt gegen die optimale Lösung, weil sie die Erste Dynamik – das Selbst – außer acht läßt.
Man könnte vielerlei Beispiele anführen, in denen die eine oder andere Dynamik aufgrund rein rationaler Erwägungen notwendigerweise vor anderen den Vorrang bekommen muß.
Auch unter aberrierten Umständen ist die Formel noch gültig. Sie wird allerdings durch irrationale Faktoren, die mit der Situation nichts zu tun haben, verkompliziert. Viele Lösungen sind nur wegen falscher Daten infolge der Erziehung schlecht oder deswegen, weil überhaupt keine Daten vorhanden sind. Jedoch haben wir es noch immer mit Lösungen zu tun. Im Fall von aberrierten Lösungen werden die Dynamiken wirklich und aktiv behindert, worauf später noch ausführlich eingegangen wird.