Die Auslöschung

Wenn Sie es immer wieder versuchen, werden Sie früher oder später das Basik-Basik erreichen, den frühesten Augenblick von »Bewusstlosigkeit« und körperlichem Schmerz. Wenn Sie es erreicht haben, werden Sie das vielleicht nur daran erkennen, dass sich die Geschehnisse von nun an nicht mehr bloss reduzieren, sondern auslö­schen lassen. Hat der Patient noch immer eine Absperrung des Ge­räuschrückrufs, können Sie dennoch Geschehnisse auslöschen; der Geräuschrückruf wird sich früher oder später einschalten, vielleicht sogar erst, wenn der Fall fast abgeschlossen ist. Jedenfalls werden Sie früher oder später das Basik-Basik erreichen.

Die Auslöschung folgt also mehr oder weniger der gleichen Ver­fahrensweise wie der Einstieg in den Fall. Sie löschen alle frühen Engramme aus, immer das früheste, das Sie finden können, und Sie entladen immer wieder Engramme mit schmerzlicher Emotion; dies geschieht entweder in der Grundzone oder in der Zeit nach der Ge­burt und im späteren Leben. Sie löschen in dem frühen Teil des Falles soviel aus, wie Sie finden können; dann befreien Sie aus späte­ren Bereichen alle verfügbare Emotion (sie löschen in jedem Engramm, das Sie berühren, alles aus), und dann bringen Sie den Pa­tienten zurück und suchen nach frühem Material.

Die reaktive Engrammbank ist ein wildes Chaos. Der Archivar muss ziemlich viel Mühe mit ihr haben. Denn alles mögliche ist früh und spät eingekeyt; manchmal kann er Material nur unter bestimm­ten Themenkreisen bekommen, manchmal kann er Material nur un­ter bestimmten Somatiken erhalten (z. B. im gesamten Bereich der Zähne), manchmal kann er geordnet in der Zeit voranschreiten und Geschehnisse in chronologischer Folge hergeben: Letzteres ist die wichtigste dieser Verfahrensweisen.

Erst wenn Sie jeden Moment von körperlichem Schmerz er­schöpft und alle Augenblicke schmerzlicher Emotion entladen ha­ben, wird der Fall geklärt sein. Es wird Zeiten geben, da Sie sicher sind, fast am Ziel zu sein, um bei erneutem Eindringen in den vorge­burtlichen Bereich eine weitere Reihe von Material zu entdecken, das von den schmerzlichen Emotionen des späteren Lebens, die Sie gerade befreit haben, verdeckt war.

Eines Tages werden Sie einen Patienten vor sich haben, der nirgendwo auf dem Time-Track eine Absperrung hat, der sich nicht mehr für Engramme interessiert (Apathie-Fälle sind anfangs nicht interessiert; Clears, am Ende der Therapie, sind auch nicht interes­siert, womit ein Zyklus abgeschlossen ist – obwohl der Clear weit von Apathie entfernt ist), der alle Rückrufe hat, alle Berechnungen rich­tig durchführt und keine Fehler macht (in den Grenzen der zur Ver­fügung stehenden Daten), kurz – dessen Engrammbank ausgeschöpft ist. Seien Sie jedoch niemals zu optimistisch. Suchen Sie weiter, bis Sie keine Zweifel mehr haben. Beobachten Sie den Menschen, um sicherzugehen, dass sich keinerlei Aberrationen zeigen, dass seine Dy­namiken stark sind und dass das Leben ihm Freude macht. Wenn dieser Mensch nun das Gefühl hat, dass er alle Probleme des Lebens lösen, die Welt mit dem kleinen Finger bezwingen und allen Men­schen ein Freund sein kann, dann ist er ein Clear.

Irren können Sie sich nur, wenn Sie von der Vorstellung ausge­hen, dass menschliche Wesen voller Fehler, Übel und Sünden stecken und dass jemand schon als Clear bezeichnet werden müsste, wenn er bloss weniger unglücklich und über das Normale hinausgewachsen ist. Das aber ist ein Release.

Beim Goldwaschen ist es so, dass jeder Grünschnabel Eisenkies – Narrengold – für Gold hält. Er wird über das glänzende Zeug in seinem Sieb entzückt jubeln, obwohl es in Wirklichkeit nur ein paar Dollar pro Tonne wert ist. Und dann sieht er wirkliches Gold! Sobald er echtes Gold in seinem Sieb hat, weiss er, wie Gold wirklich aus­sieht. Es ist nicht zu verwechseln.

Abgesehen davon, dass die Psychometrie einem Clear ausserge­wöhnliche Intelligenz, grosse Begabung und erstaunliche Vielseitig­keit bescheinigen würde, hat er noch eine andere Qualität – den menschlichen Wert eines freien Wesens. Sie können einen Release psychometrisch testen und zeigen, dass auch er sich oberhalb des Durchschnitts befindet. Ein Clear ist aber ein Clear, und wenn Sie ihn sehen, dann werden Sie mit Sicherheit wissen, was das heisst.

Dass sich ein Clear nicht mehr für seine erloschenen Engramme interessiert, bedeutet nicht, dass ihn die Schwierigkeiten anderer nicht kümmern. Dass jemand an seinen eigenen Engrammen nicht interessiert ist, ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass er Clear ist; es kann sehr wohl ein anderer Mechanismus sein, nämlich apa­thische Vernachlässigung. Engramme zu haben und sich nicht da­rum zu kümmern ist eine weitverbreitete Aberration, bei der der reaktive Verstand auf der Stufe der Apathie arbeitet. Keine Engramme zu haben und sich nicht darum zu kümmern ist eine ganz andere Sache. Jeder Apathie-Fall, der auf sein Leid reagiert, indem er seine Engramme vernachlässigt und darauf besteht, dass er glücklich und mit ihm doch alles in bester Ordnung sei, während er sich zerstört, wird im Laufe der Arbeit und ganz besonders nach Hebung des Basik-Basik an seinen Engrammen Interesse bekommen, und sein In­teresse am Leben wird grösser werden. Es ist einfach, den Apathie-Fall vom Clear zu unterscheiden – sie befinden sich an entgegenge­setzten Enden des Lebensspektrums: Der Clear hat sich zu Sieg und Triumph aufgeschwungen, der Apathie-Fall weiss, dass Sieg und Tri­umph für ihn verschlossen sind, und erklärt, dass sie der Mühe nicht wert sind.

Die Frage nach der Lebenserwartung eines Clears kann jetzt noch nicht beantwortet werden; fragen Sie in hundert Jahren.

Wie erkennt man einen Clear? Wie nahe kommt er dem Opti­malzustand des Menschen? Kann er sich seiner Umwelt reibungslos anpassen? Und – weitaus wichtiger – kann er diese Umwelt an sich anpassen?

Sechzig Tage und dann noch einmal sechs Monate nachdem der Zustand des Clears offensichtlich erreicht wurde, sollte der Auditor noch einmal prüfen, ob etwa Material übersehen wurde. Er sollte den möglichen Clear sorgfältig nach den Ereignissen des vergangen Zeitraums befragen. Auf diese Weise kann er von allen Sorgen, Küm­mernissen oder Krankheiten erfahren, die möglicherweise aufgetre­ten sind, und sie auf Engramme zurückzuverfolgen suchen. Wenn er dann keine Engramme finden kann, handelt es sich eindeutig und ohne Frage um einen Clear. Und das wird er bleiben.

Wenn ein Fall jedoch lediglich zum Stillstand kommt, En­gramme aber nicht gefunden werden können, obwohl die Aberration offensichtlich ist, liegt der Grund wahrscheinlich bei gut verborge­nen Verzweiflungsladungen – Engrammen mit schmerzlicher Emo­tion. Diese liegen nicht unbedingt nach der Geburt, sie können inner­halb der vorgeburtlichen Periode liegen und mit Gegebenheiten zu tun haben, die streng geheim sind – oder von den Engrammen dafür ausgegeben werden. Auch sind schon Fälle zum Stillstand gekom­men und haben sich als »undurchdringlich« erwiesen, weil es einen gegenwärtigen oder gerade erst vergangenen Umstand gab, den der Patient nicht enthüllt hat.

Es gibt zwei Gründe, die einen Fall aufhalten können: a) die Person kann sich ihrer Vergangenheit derart aberriert schämen oder so sicher sein, für Enthüllungen aus der Vergangenheit bestraft zu werden, dass sie nichts anderes tut, als sie zu vermeiden; b) die Person mag sich aufgrund eines wirklich existierenden Umstandes oder ei­ner Drohung fürchten.

Der Auditor ist nicht daran interessiert, was der Patient tut oder was er getan hat. Die Dianetik beschäftigt sich in der Therapie ausschliesslich mit dem, was der Person angetan wurde. Was ein Pa­tient getan hat, ist belanglos. Der Auditor, der sich in irgendeiner Weise mit letzterem abgibt, verstösst gegen die Regeln der Dianetik. Ein Patient kann jedoch aufgrund seiner Engramme von der Idee besessen sein, etwas aus seinem Leben vor dem Auditor verbergen zu müssen. Die zwei obengenannten generellen Klassen betreffen die allgemeinen Bedingungen.

Gründe, wie sie unter a) genannt sind, können z.B. eine Ge­fängnisstrafe sein, ein bisher nie enthüllter Mord (obwohl so manche Leute glauben, einen Mord begangen zu haben, in Wirklichkeit aber nicht einmal damit drohten), abnormale sexuelle Praktiken oder Ähnliches. Der Auditor sollte routinemässig immer versprechen, kei­nerlei vertrauliche Dinge weiterzugeben, und ihm das Prinzip »Erlit­ten, nicht getan« erklären. Und nie würde ein Auditor einen Patien­ten verspotten oder schmähen, weil er das Opfer seiner Engramme geworden ist. Unter b) fallen Patienten, die von jemandem – selbst Ehefrau oder Ehemann – durch Einschüchterung gezwungen wurden, Dinge zu verschweigen. Es ist ein Fall bekannt, bei dem kein Fortschritt zu verzeichnen war, obwohl man mit vielen Geschehnis­sen in Kontakt kam; die Geschehnisse wollten sich nicht reduzieren oder auslöschen lassen, ganz gleich, wo auf dem Time-Track sie sich befanden. Man entdeckte, dass diese Patientin, eine Frau, oft von ihrem Mann brutal geprügelt und ihr mit dem Tode gedroht worden war für den Fall, dass sie dem Auditor auch nur ein Wort darüber erzählen würde; und gerade diese Geschehnisse enthielten die gan­zen Verzweiflungsladungen des Falles und mussten entlastet werden. Dem Auditor, der gut beobachtete und schliesslich Verdacht schöpfte, gelang es, ihr Vertrauen zu gewinnen und die Verzweiflungsladun­gen zu finden. Doch selbst wenn er ihr Vertrauen nicht gewonnen hätte, wäre sie durch andauernde Restimulierung später Lebensbe­reiche schliesslich in Tränen ausgebrochen. In einem anderen Fall, dem eines kleinen Kindes, war der Dub-in-Rückruf so offensichtlich und die Lügenfabriken arbeiteten so emsig, dass der Auditor schliess­lich erkannte, dass er nicht nur die Heimlichkeit eines Engramms zu durchdringen versuchte, sondern auch die Geheimhaltung, die ein Aussenstehender dem Kind aufzwang. Die Mutter hatte in diesem Fall aus Angst vor einer Verhaftung dem Kind mit wilden Drohun­gen eingeschärft, dass es nichts über die häusliche Behandlung erzäh­len durfte. Hinter diesem Fall lag noch mehr verborgen, es gab auch einundachtzig Abtreibungsversuche, eine unglaubliche Anzahl.

Den Auditor geht alles etwas an, woraus ein Engramm gewor­den ist. Wenn die Gesellschaft einen Mann eingesperrt hat oder wenn zu Hause nicht alles in Ordnung ist, dann ist das etwas, was jeman­dem angetan wurde. Was er tat, um diese Behandlung zu »verdie­nen«, ist für die Therapie belanglos.