Diagnose

Einer der wichtigsten Beiträge der Dianetik ist die Lösung des Diagnoseproblems auf dem Gebiet der Aberration. Man kannte bis­lang zwar unendlich viele Klassifikationen; aber es gab keinen gülti­gen optimalen Massstab. Wenn man psychiatrische Lehrbücher überprüft, findet man in Bezug auf die Frage der Klassifikation grosse Uneinigkeit und die dauernde Klage, dass die Klassifikationen sehr schwierig und ohne praktischen Wert seien. Ohne den Massstab opti­malen Verhaltens und des optimalen geistigen Zustands und ohne die Kenntnis der Ursache aller Aberration konnte man nur Sym­ptombeschreibungen katalogisieren. Diese waren so verwickelt und widersprüchlich, dass es nahezu unmöglich war, eine psychotische oder neurotische Person so einzuordnen, dass dies zum Verständnis ihres Falles geführt hätte. Die Hauptschwäche dieses Klassifikati­onssystems lag darin, dass die Klassifizierung zu keiner Heilung führte, denn es gab keine einheitliche Behandlung, und man kannte keinen optimalen Zustand, der angezeigt hätte, wann eine Behand­lung zu Ende ist. Und da es für Aberration und psychosomatische Krankheit kein Heilmittel gab, konnte es keine Klassifikation ge­ben, die in die Richtung gewiesen hätte, die einzuschlagen war, oder angezeigt hätte, was von allen Fällen einheitlich zu erwarten wäre.

Das ist ganz sicher keine Kritik früherer Anstrengungen; es ist jedoch eine Erleichterung, wenn man weiss, dass es unnötig ist, Aber­rationen mit so komplizierten Methoden zu klassifizieren, wie es bis­her geschehen ist, und dass das Katalogisieren von psychosomatischen Krankheiten – so notwendig es für den Arzt sein mag – für den Auditor unwichtig ist. In der Entwicklung der dianetischen Wissen­schaft gab es einige Versuchsstadien der Klassifizierung, bis schliess­lich klar wurde, dass die Bezeichnung eines Krankheitszustandes nur das zum Ausdruck bringen sollte, was der Auditor überwinden muss, um Heilung zu erzielen. Dieses System, wie es nun durch die Praxis entwickelt ist, macht es dem Auditor möglich, eine »Diagnose« zu erstellen, ohne mehr zu wissen, als was in diesem Kapitel enthalten ist und was er selbst in der Zukunft an Erfahrungen erwerben wird.

Die Anzahl der möglichen Aberrationen entspricht der Anzahl der möglichen Wortkombinationen einer Sprache, wie sie in En­grammen enthalten sind. Mit anderen Worten, wenn ein Psychotiker meint, er sei Gott, dann haftet ihm ein Engramm an, das sagt, er sei Gott. Wenn er fürchtet, es sei Gift in seinem Essen, so haftet ihm ein Engramm an, das ihm sagt, es sei vielleicht Gift in seinem Essen. Wenn er meint, er könne jeden Augenblick entlassen werden, obwohl er fähig und beliebt ist, so hat er ein Engramm, das ihm sagt, er könne jeden Augenblick entlassen werden. Wenn er glaubt, er sei hässlich, so hat er ein Engramm, das ihm sagt, er sei hässlich. Wenn er vor Schlangen oder Katzen Angst hat, dann zwingen ihn Engramme, vor Schlangen oder Katzen Angst zu haben. Wenn er davon über­zeugt ist, dass er alles, was er sieht, ungeachtet seines Einkommens kaufen muss, dann hat er ein Engramm, das ihm sagt, er müsse alles kaufen, was er sieht. Und angesichts der Tatsache, dass jeder, der nicht Release oder Clear ist, mindestens zwei- oder dreihundert En­gramme hat, deren Inhalt ein höchst bemerkenswertes Sortiment von Redewendungen darstellt, und dass er überdies auf jedes einzelne dieser Engramme in fünferlei Art reagieren kann, ist das Problem der Aberration für den Auditor bedeutungslos, ausser wenn es die Therapie verlangsamt.

Die meisten aberrierten Menschen sprechen grösstenteils aus ihren Engrammen heraus. Was auch immer das chronische Gerede des einzelnen sein mag – sein Gerede bei Wut, sein Gerede bei Apa­thie, seine allgemeine Einstellung zum Leben –, dieses Gerede ist, sofern es auch nur ein ganz klein wenig von der Vernunft abweicht, in Engrammen enthalten. Der Mann, der »sich nicht sicher sein kann«, der »es nicht weiss« und alles skeptisch betrachtet, spricht aus Engrammen. Der Mann, der sicher ist, dass »es nicht wahr sein kann«, dass »es unmöglich ist«, dass »Autoritäten herangezogen wer­den müssen«, spricht aus Engrammen. Die Frau, die sicher ist, dass sie eine Scheidung braucht oder dass ihr Ehemann sie eines Nachts ermorden wird, spricht entweder aus ihren eigenen oder aus seinen Engrammen. Der Mann, der hereinkommt und sagt, dass er böse Ma­genschmerzen habe, die sich genau so anfühlen, »als ginge ein Zwei-Millimeter-Kupferdraht durch ihn hindurch«, wurde aller Wahr­scheinlichkeit nach bei einem Abtreibungsversuch mit einem sol­chen Kupferdraht durchbohrt oder hat davon sprechen hören, als er Schmerzen hatte. Der Mann, der sagt, dass es »herausgeschnitten werden muss«, spricht direkt aus einem Engramm heraus, das von einer eigenen Operation oder von einer Operation seiner Mutter her­stammt oder von einem Abtreibungsversuch. Der Mann, der »es los­werden muss«, spricht möglicherweise wiederum aus dem Engramm eines Abtreibungsversuchs. Der Mann, der »es nicht loswerden kann«, mag von derselben engrammatischen Ursache her sprechen, jedoch aus der Sicht einer anderen Valenz. Kurz, die Leute geben, besonders, wenn sie über die Dianetik und Engramme reden, am laufenden Band Engramminhalte von sich. Gewöhnlich ahnen sie nicht, dass das, was sie sagen, kleinere Dramatisierungen ihrer En­gramme sind. Sie nehmen an, sie selbst seien auf diese Schlussfolge­rungen oder Gedanken gekommen; diese Annahme ist aber bloss Rechtfertigungsdenken – der analytische Verstand erfüllt seine Pflicht, indem er garantiert, dass der Organismus im Recht ist, gleichgültig, wie töricht dieser handelt.

Der Auditor kann sicher sein, dass er eine Menge Engramm­inhalte zu hören bekommt, besonders wenn er über die Dianetik spricht, denn gerade Diskussionen über den reaktiven Verstand sind vom Wortlaut der Engramminhalte durchsetzt.

Sie werden sich erinnern, dass der reaktive Verstand nur in Identi­täten, in der Gleichung A = A = A »denken« kann, wobei die drei A Pferde, ein gotteslästerlicher Fluch und das Verb »spucken« sein können. Spucken ist dasselbe wie Pferde ist dasselbe wie Gott. Der reaktive Verstand ist schwachsinnig, aber sehr eifrig in seiner Buchstäb­lichkeit. Wenn also einem Mann gesagt wird, er müsse den Inhalt der reaktiven Bank tilgen, wird er vielleicht einwenden, er sei sicher, seinen ganzen Ehrgeiz einzubüssen, wenn er das täte. Sie können davon ausgehen – die Therapie zeigt es leicht, und mancher Preclear bekommt rote Ohren dabei –, dass ihm ein Engramm anhaftet, das auf ein vorgeburtliches Erlebnis etwa folgenden Inhalts zurückgeht:

(Vorgeburtlicher Schlag oder Stoss)

VATER: Verdammt noch mal, Agnes, du musst dieses verfluchte Baby loswerden. Wenn du das nicht tust, verhungern wir noch. Ich kann es mir nicht leisten.

MUTTER: O nein, nein, ich kann es nicht wegmachen, ich kann nicht, ich kann nicht. Ich will ganz bestimmt für es sorgen. Ich werde arbeiten und schuften, um es zu ernähren. Zwing mich bitte nicht, es wegzumachen. Wenn ich das täte, würde ich einfach sterben. Ich würde den Verstand verlieren! Ich hätte nichts, worauf ich meine Hoffnung setzen könnte. Ich würde mein gan­zes Interesse am Leben verlieren. Ich würde meinen Ehrgeiz einbüssen. Bitte lass es mich behalten!

Wie häufig ist gerade dieses Engramm! Und wie »vernünftig« und ernsthaft begründet der Aberrierte seine Schlussfolgerung, er sei gerade »selbständig« zu der »Überzeugung« gelangt, dass er Verstand und Ehrgeiz verlieren, vielleicht sogar sterben müsse, wenn er »es wegmacht«.

Am Anfang der dianetischen Praxis stammten die meisten En­gramme, die bei Erwachsenen gefunden wurden, aus dem ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts. Das war die Zeit von »Aha, Jack Dalton, endlich habe ich dich in der Hand«. Es war die Zeit von Filmen wie »Blut und Sand« und der Schauspielerin Theda Bara, des illegalen Whiskyhandels und des Kampfes ums Stimmrecht für Frauen. Solcherlei Farbkleckse vergangener Zeiten setzen noch heu­te die Engrammbanken in Bewegung. Dianetik-Auditoren haben ganze Passagen aus dem grossen Schauspiel Der Trunkenbold aus vorgeburtlichen Engrammen aufgelesen, und zwar nicht als ein Stück spassiger Sentimentalität, sondern als Mutters aufrichtige und inbrünstige Bemühung, Vater zu bessern. Superdrama, Melodrama. Und nicht nur das, sondern auch Tragödie. Der Katzenjammer der heiteren neunziger Jahre, als das »Business Girl« gerade angefangen hatte, »frei« zu sein, und Carrie Nation die Welt auf Kosten der Kneipenwirte rettete, wird gängige Münze in den Engrammen der Erwachsenen von heute sein. Die Klischees und Absurditäten von gestern werden – und das ist tragisch genug – die Engrammbefehle von heute. So begegneten wir beispielsweise einem sehr sehr ver­driesslichen jungen Mann, der als Zentralmotiv seines reaktiven Verstandes Hamlets Geschichte gewordenes Schwanken »Sein oder Nicht­sein, das ist hier die Frage« hatte. Die Mutter (die von umgangs­sprachlich orientierten Auditoren schlicht und einfach als eine »Be­kloppte« bezeichnet worden wäre) hatte es durch Ansteckung von dem Schauspieler-Vater bekommen, den sein Versagen, ein neuer John Barrymore zu werden, zur Trunksucht und zum Prügeln seiner Frau getrieben hatte; und unser junger Mann konnte stundenlang in düsterer Apathie dasitzen und über das Leben nachgrübeln. Um sei­ne Psychose zu klassifizieren, genügte die Feststellung, »apathischer junger Mann«.

Engramminhalte bestehen grösstenteils aus Klischees, Banalitä­ten und Gefühlsausbrüchen der Eltern. Aber der Auditor wird ihnen auf die Spur kommen, und wenn der Preclear diese Sprüche plötzlich versteht, dann hat er etwas zum Lachen.

Aberration kann also auf jede beliebige Wortkombination zu­rückzuführen sein, die in einem Engramm enthalten ist. Daher ist es nicht nur ganz unmöglich, sondern auch vollkommen unnötig, Aber­rationen zu klassifizieren. Ein Auditor, der seinen ersten Fall durch­gemacht hat, wird das viel leichter einsehen können.

Was die in einem früheren Kapitel klassifizierten psychosomatischen Krankheiten betrifft, so hängen diese ebenfalls von zufälligen oder beabsichtigten Wortkombinationen sowie von allen möglichen Verletzungen, unausgeglichenen Körperflüssigkeiten und Wachs­tumsstörungen ab. Es ist gut und schön, einen rätselhaften Schmerz »Tendonitis« zu nennen; doch ist es wahrscheinlicher, dass es sich um einen Sturz oder eine Verletzung vor der Geburt handelte, und das ist die präzisere Bezeichnung. Asthma rührt ziemlich regelmässig vom Geburtserlebnis her, wie auch Bindehaut- oder Nebenhöhlenentzün­dung; wenn diese jedoch in der Therapie im Zusammenhang mit der Geburt auftauchen, ist gewöhnlich ein vorgeburtlicher Hintergrund anzunehmen. Somit kann man sagen: Für einen Auditor ist es weni­ger wichtig, inwiefern ein Mann oder eine Frau Schmerzen hat, abge­sehen davon, dass er das chronische Leiden des Patienten benutzt, um die Kette von Mitgefühlsengrammen zu lokalisieren; alles, was der Auditor über diese Krankheit wissen muss, ist, dass eine bestimmte Stelle am Körper des Patienten weh tut. Das genügt für den Auditor zur Diagnose des psychosomatischen Leidens.

Es ist nun einmal so, dass das Ausmass der Aberration und das Ausmass der psychosomatischen Krankheit nicht die entscheidenden Faktoren dafür sind, wie lange der Behandlungsprozess dauern wird. Ein Patient mag ein brüllender Irrer sein und trotzdem nur hundert Stunden brauchen, um Clear zu werden. Ein anderer mag ein »aus­geglichener«, mässig erfolgreicher Mensch sein und gleichwohl fünf­hundert Stunden benötigen, bis er Clear ist. Daher ist im Licht der Tatsache, dass das Ausmass von Aberration und Krankheit nur einen geringen Einfluss auf das hat, was den Auditor interessiert – die Therapie –, eine Klassifizierung anhand der Symptome von Aberra­tion und Krankheit reine Zeitverschwendung.

Natürlich kommt es vor, dass jemand z. B. aufgrund von Herzbe­schwerden zu krank ist, um hart angefasst werden zu können, oder dass sich ein Patient als alltägliche Erscheinung seines Lebens stän­dig so grosse Sorgen macht, dass die Arbeit des Auditors schwierig wird. Das geschieht jedoch selten und hat ebenfalls mit der Einord­nung des Falles wenig zu tun.

Bei der Diagnose gilt als Regel, dass alles, was die Person dem Auditor als unvorteilhafte Reaktion auf die Therapie anbietet, engrammatisch ist, wie sich im Verlauf der Behandlung herausstellen wird. Was auch immer den Auditor bei seiner Arbeit behindert, ist identisch mit all dem, was den Patienten in seinem Denken und Leben behindert. Stellen Sie es sich so vor: Der Auditor ist ein analy­tischer Verstand (sein eigener), der mit einem reaktiven Verstand (dem des Preclears) konfrontiert wird. Therapie ist ein Denkprozess. Alles, was einem Patienten Schwierigkeiten macht, wird auch dem Auditor Schwierigkeiten bereiten. Alles, was dem Auditor Mühe macht, hat ebenso dem analytischen Verstand des Patienten Mühe gemacht. Der Patient ist nicht nur analytischer Verstand. Der Auditor wird mitunter einen Patienten erleben, der ihn ständig beschimpft, aber doch pünktlich zur Stelle ist, begierig, die Therapie fortzusetzen. Der Au­ditor mag auch eine Patientin finden, die ihm erzählt, wie nutzlos die ganze Prozedur sei und wie sie es hasse, behandelt zu werden, und doch würde es sofort mit ihr bergab gehen, wenn er ihr sagte: »Gut, wir brechen die Arbeit ab.« Der analytische Verstand des Patienten will genau dasselbe tun, was der Auditor zu tun versucht, nämlich die reaktive Bank niederzukämpfen. Stösst der Auditor auf Abwehr, Feindseligkeit gegenüber der Dianetik, persönliche Kritik usw., so hört er keine analytischen Daten, sondern reaktive Engramminhal­te. Er sollte gelassen fortfahren, in dem sicheren Wissen, dass die Dynamiken des Patienten ihm mit allem, was zur Verfügung steht, helfen werden – solange der Auditor ein Verbündeter gegen den re­aktiven Verstand des Preclears ist, nicht Kritiker oder Angreifer des analytischen Verstandes. Hier ist ein Beispiel:

(Während der Reverie, vorgeburtliche Grundzone.)

PRECLEAR (im Glauben, er meine die Dianetik): Ich weiss nicht, ich weiss nicht. Ich kann mich einfach nicht erinnern. Das funktioniert nicht. Ich weiss, dass es nicht funktionieren wird.

AUDITOR (Wiederholungstechnik, wird später beschrieben): Wiederhole das. Sage: »Es wird nicht funktionieren.«

PRECLEAR: »Es wird nicht funktionieren. Es wird nicht funktionieren. Es wird nicht funktionieren … (usw.)« Au, mein Magen tut weh! »Es wird nicht funktionieren. Es wird nicht funktionieren. Es wird nicht funktionieren … « (Lacht erleichtert.) Das ist meine Mutter. Sie hält Selbstgespräche.

AUDITOR: Schön, wollen wir einmal das ganze Engramm durchgehen. Beginne am Anfang.

PRECLEAR (zitiert den Rückruf, nennt Somatiken [Schmerzen]: »Ich weiss nicht, wie man das machen soll. Ich kann mich einfach nicht erinnern, was mir Ulla gesagt hat. Ich kann mich einfach nicht daran erinnern. Oh, ich bin entmutigt. Es wird so nicht funktionieren. Es wird einfach nicht funktio­nieren. Ich wünschte, ich wüsste, was mir Ulla erzählt hat, aber ich kann mich nicht erinnern. Oh, ich wünschte … « He, was hat sie denn hier drin? Verdammt, es fängt an zu brennen. Das ist eine Spülung. Ist denn das mög­lich! Lass mich hier raus. Bring mich in die Gegenwart zurück. Das brennt schrecklich!

AUDITOR: Geh zurück zum Anfang und geh noch einmal hindurch. Sammle alle zusätzlichen Daten, mit denen du in Kontakt kommen kannst.

(Der Preclear wiederholt das Engramm, findet alle alten Redewendun­gen wieder und einige neue und dazu ein paar Geräusche; er erzählt das Ganze vier weitere Male, alles »wiedererlebend«; fangt an zu gähnen, schläft fast ein [»Bewusstlosigkeit« löst sich]; er lebt wieder auf und wiederholt das Engramm noch zweimal; dann fängt er an, darüber zu kichern, das Somatik ist verschwunden; plötzlich ist das Engramm »weg« [umgespeichert], er kann es nicht wiederfinden. Er ist sehr zufrieden.)

AUDITOR: Geh zum frühesten jetzt erreichbaren Augenblick von Schmerz oder Unbehagen zurück.

PRECLEAR: Mmmmm. Ich kann da nicht hineinkommen. Hör mal, ich kann da nicht hineinkommen. Das ist wirklich wahr. Ich frag’ mich nur, wo ..

AUDITOR:Wiederhole den Satz »Kann da nicht hineinkommen«. PRECLEAR:»Kann da nicht hineinkommen. Kann da nicht…« Meine Beine fühlen sich komisch an. Da ist ein scharfer Schmerz. Sag mal, was zum Teufel tut sie denn da? Verdammt noch mal! Junge, die möchte ich einmal ordentlich verprügeln. Bloss einmal!

AUDITOR: Fang beim Anfang an und erzähl es noch einmal.

PRECLEAR (gibt das Engramm mehrere Male wieder, gähnt die »Be­wusstlosigkeit« weg, kichert, als er das Engramm nicht mehr finden kann; fühlt sich besser): Na ja, sie hatte sicherlich ihre Schwierigkeiten, glaube ich.

AUDITOR (nimmt mit Bedacht davon Abstand, dem zuzustimmen, dass die Mutter ihre Schwierigkeiten hatte, da ihn das zu einem Verbündeten der Mutter machen würde): Geh zum nächsten Augenblick von Schmerz oder Unbehagen.

PRECLEAR (unbehaglich): Ich kann nicht, ich bewege mich nicht auf dem Time-Track. Ich sitze fest. Ach so, na schön. »Ich sitze fest, ich sitze fest.« Nein. »Es sitzt fest. Diesmal sitzt es fest.« Nein. »Diesmal habe ich es festge­kriegt.« Na, zum Teufel mit ihr! Das sind meine Herzbeschwerden! Da ist es! Das ist dieser scharfe Schmerz, den ich kriege!

AUDITOR: Fang mit dem Engramm von vorn an, und erzähle es wie­der … (usw.)

Anhand dieses Beispiels kann man sehen, dass sich der En­grammbefehl jedes Mal dem Patienten selbst aufdrängte, wenn er im Zustand der Reverie dem Engramm analytisch nahe kam; den En­grammbefehl führte er als analytisch verkleidete Ansicht dem Audi­tor vor. Ein Preclear in Reverie ist ganz dicht am Ursprungsmaterial seiner Aberrationen. Ein vollkommen wacher Aberrierter kann hochkomplizierte Meinungen von sich geben, die er bis in den Tod als seine eigenen verteidigen wird, und doch sind es in Wirklichkeit nur seine Aberrationen, die sich seinem analytischen Verstand aufdrängen. Manche Patienten werden fortgesetzt erklären, sie wüssten, dass der Auditor gefährlich sei, dass er nie die Therapie mit ihnen hätte begin­nen sollen usw.; und trotzdem werden sie gut und effektiv weiterar­beiten. Das ist einer der Gründe, warum der Auditorenkodex so wich­tig ist: Der Patient ist so begierig auf die Befreiung von seinen En­grammen, wie man sich nur wünschen kann, die Engramme verteidi­gen jedoch ihre Stellung durch Reaktionen, als wäre der Patient vom Wunsch nach Befreiung weit entfernt.

Ebenso lässt das oben geschilderte Beispiel erkennen, dass der Auditor keinerlei positive Suggestionen gibt. Ist eine Äusserung nicht engrammatisch, wird es ihn der Patient sehr schnell und sehr deutlich wissen lassen; sie mag es zwar dennoch sein, aber der Audi­tor hat keinen grossen Einfluss auf den in Reverie befindlichen Preclear, ausser dass er ihm hilft, seine Engramme zu attackieren. Wenn der Preclear in so einem Fall widerspricht, dann bedeutet es, dass das Engramm, das diesen Wortlaut enthält, zur Auflösung noch nicht bereit und eine andere Satzversion angebracht ist.

Diagnose in Bezug auf Aberration und Psychosomatik ist also etwas, das sich beim Vorgang des Klärens von selbst erledigt. Bevor der Auditor in unserem Beispiel auf die Engramme des Patienten stiess, hätte er erraten können – und hätte es für sich behalten –, dass eine Reihe von Abtreibungsversuchen hochkommen würde. Er hätte vielleicht erraten können, dass die Unentschlossenheit des Patienten von dessen Mutter stammte. Der Auditor teilt seine Vermutungen jedoch nicht mit. Das wäre Suggestion und könnte vom Patienten übernommen werden. Es herauszufinden ist Sache des Preclears. Beispielsweise hätte der Auditor weder wissen können, wo auf dem Time-Track das »Herzleiden« lag, noch um welche Art von Verlet­zung es sich gehandelt hatte. Auf der Suche nach einem spezifischen Schmerz den Time-Track auf- und abzujagen, wäre eine echte Zeit­verschwendung. All diese Dinge werden sich im Laufe der Therapie preisgeben. Interessant an ihnen ist nur, ob die Aberrationen und Krankheiten verschwinden, um niemals wiederzukehren. Am Ende der Therapie werden sie weg sein. Am Anfang sind sie nur eine Komplikation.

Die Diagnose von Aberration und psychosomatischer Krank­heit ist also kein wesentlicher Teil dianetischer Diagnose.

Wir sind an der mechanischen Funktionsweise des Verstandes inter­essiert. Das ist der Bereich der Diagnose. Was sind die Arbeitsmecha­nismen des analytischen Verstandes?

1.   Wahrnehmung: Sehen, Hören, Tasten, Schmerzempfindung, usw.

2.   Rückruf: Sehrückruf (mit Farbe), Geräuschrückruf (mit Klang), Tastrückruf, usw.

3.   Phantasie: Sehwahrnehmung (mit Farbe), Geräuschwahr­nehmung (mit Klang), Tastempfindungen, usw.

Das sind die mechanischen Vorgänge. Die dianetische Diagnose geht in erster Linie von diesen Faktoren aus und kann mit deren Hilfe die ungefähre Behandlungsdauer bestimmen, die Schwierig­keit des Falles abschätzen usw. Und wir brauchen nur wenige solche Faktoren.

Das lässt sich zu einem Schlüssel vereinfachen:

1.   Wahrnehmung: über oder unter dem Optimum?

a) Sehen

b) Hören

2.   Rückruf: geschwächt?

a) Geräuschrückruf

b) Sehrückruf

3.   Phantasie: übersteigert?

a) Geräuschwahrnehmung

b) Sehwahrnehmung

Mit anderen Worten, wenn wir einen Patienten am Anfang der Therapie untersuchen, sind wir nur an drei Feststellungen interes­siert: zu wenig oder zu viel Wahrnehmung, zu wenig Rückruf, zu viel Phantasie.

In Bezug auf die Wahrnehmung wollen wir wissen, wie gut oder wie schlecht jemand hören, sehen und fühlen kann.

In Bezug auf den Rückruf wollen wir wissen, ob er mit Hören, Sehen und Somatiken (Fühlen) zurückrufen kann.

In Bezug auf die Phantasie wollen wir wissen, ob er Hören, Sehen und Somatiken übertreibt (übersteigert zurückruft).

Eines sei wirklich klargestellt: Das Verfahren zur Beantwor­tung dieser Fragen ist sehr einfach, es ist nichts daran kompliziert, und es erfordert keine grosse Untersuchung. Es ist aber wichtig und bestimmt die ungefähre Dauer der Therapie.

Nichts ist verkehrt an einer lebendigen Phantasie, solange je­mand weiss, dass es sich nur um Vorstellungen handelt. Die Art von Phantasie, an der wir interessiert sind, ist jene, die zum unwissentli­chen Dub-in (eingebildeter Rückruf, abgeänderte Nachbildung) be­nutzt wird, und an dieser allein sind wir interessiert. Eine lebendige Phantasie, der sich der Patient als solcher bewusst ist, ist für ihn äusserst wertvoll. Eine Phantasie hingegen, die sich an die Stelle des Rückrufs setzt, ist in der Therapie sehr beschwerlich.

»Hysterische« Blindheit und Taubheit oder gesteigertes Sehen und Hören sind diagnostisch nützliche Kriterien. »Hysterische« Blindheit bedeutet, dass der Betreffende sich davor fürchtet zu sehen; »hysterische« Taubheit bedeutet, dass er sich davor fürchtet zu hören. Solche Fälle werden eine länger dauernde Therapie erfordern. Eben­so sind gesteigertes Sehen und gesteigertes Hören – wenn sie auch nicht so schlimm sind wie Blindheit und Taubheit – ein Anzeichen dafür, wie verängstigt der Patient wirklich ist. Oft sind sie auch ein direktes Anzeichen für den Grad der Heftigkeit des vorgeburtlichen Inhalts.

Wenn sich der Patient fürchtet, in der Gegenwart mit seinen Augen zu sehen und mit seinen Ohren zu hören, dann kann man sicher sein, dass es in seiner Vergangenheit viele Umstände gibt, die ihm Angst machen, denn diese eigentlichen Wahrnehmungen wer­den nicht so leicht »abgedreht«.

Wenn der Patient wegen Geräuschen und wegen etwas, das er sieht, erschreckt reagiert oder durch solche Vorfälle sehr beunruhigt wird, kann man seine Wahrnehmungen als gesteigert bezeichnen, was bedeutet, dass seine reaktive Bank sehr vieles enthält, was mit dem Etikett »Tod« versehen ist.

Uns interessieren bei der Diagnose nur die Rückrufe, die unter dem Optimum liegen. Liegen sie »über dem Optimum«, sind sie in Wirklichkeit Einbildungen, die an die Stelle echter Rückrufe treten. Geschwächter Rückruf und übersteigerte Phantasie gehören also ei­gentlich in die gleiche Kategorie; doch der Einfachheit und Klarheit halber halten wir sie getrennt.

Wenn der Patient Geräusche oder Stimmen in vergangenen Ge­schehnissen nicht »hören« kann, hat er keinen Geräuschrückruf. Wenn er vergangene Erfahrungen nicht in bewegten, farbigen Bil­dern zu »sehen« vermag, dann hat er keinen Sehrückruf.

Wenn aber der Patient Stimmen hört oder Szenen sieht, die es nie gegeben hat, und dabei annimmt, dass diese Stimmen und Szenen Wirklichkeit waren, dann haben wir es mit »übersteigerter Phanta­sie« zu tun. In der Dianetik wird ein der Phantasie entsprungener Geräuschrückruf als ein Hypergeräuschrückruf bezeichnet, ein sol­cher Sehrückruf als ein Hypersehrückruf (von griech. hyper, über-, übermässig).

Anhand der folgenden spezifischen Beispiele für jede einzelne dieser drei Gruppen soll gezeigt werden, wie grundlegend diese Dinge für die Therapie sind und wie ihr Vorhandensein oder Fehlen einen Fall schwierig machen kann.

Ein Patient mit einer milden Form von »hysterischer« Taubheit hat Schwierigkeiten mit dem Hören. Taubheit kann organisch sein; doch wenn sie organisch ist, wird sie nicht ab und zu variieren. Der »hysterisch« Taube hat etwas, das zu hören er sich fürchtet. Er dreht das Radio sehr laut auf, lässt Leute ständig wiederholen, was sie gerade gesagt haben, und überhört einzelne Passagen der Konversa­tion. Sie brauchen nicht eine Anstalt aufzusuchen, um diesem Aus­mass an »hysterischer« Taubheit zu begegnen. So manche Männer und Frauen sind »hysterisch« taub, ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie »hören einfach nicht so gut«. In der Dianetik wird das Hypohören genannt (von griech. hypo, unter).

Der Patient, der immerzu etwas vermisst, obwohl es ihm fast unmittelbar vor der Nase liegt, der Wegweiser, Theaterkarten und Bekannte übersieht, die voll in Sicht sind, ist mehr oder weniger »hysterisch« blind. Er hat Angst zu sehen. In der Dianetik wird so etwas Hyposehen genannt, denn das Wort »hysterisch« ist sehr unzu­länglich und übermässig dramatisch.

Dann gibt es den Fall der übersteigerten Wahrnehmung. Es han­delt sich nicht unbedingt um Einbildung, es kann aber so weit gehen, dass Dinge gesehen und gehört werden, die überhaupt nicht vorhan­den sind. Das ist eine häufige Geisteskrankheit. Beim Standardver­fahren sind wir an weniger drastischen Fällen interessiert.

Ein Mädchen z. B., das etwas sieht oder zu sehen glaubt, aber weiss, dass es nicht stimmt, das schreckhaft ist und das regelmässig entsetzt auffährt, wenn jemand leise ins Zimmer tritt, leidet an ge­steigertem Sehen. Das Mädchen befürchtet, auf etwas zu stossen, doch anstatt blind dafür zu sein, ist es überempfindlich dafür. Das ist Hypersehen.

Jemand, der durch Krach, Geräusche im allgemeinen oder durch bestimmte Stimmen sehr beunruhigt wird und der Kopf­schmerzen bekommt oder böse wird, wenn die Leute in der Nähe »Krach machen« oder wenn die Tür zuschlägt oder das Geschirr klap­pert, ist ein Opfer gesteigerten Hörens. Er hört Geräusche wesentlich lauter, als sie in Wirklichkeit sind. Das ist Hyperhören.

Die tatsächliche Seh- und Hörqualität braucht nicht einmal gut zu sein, die Hör- und Sehorgane können sich sogar in einem schlech­ten Zustand befinden. Ausschlaggebend ist nur die »Nervosität« dar­über, etwas wahrzunehmen.

Soviel also zu den zwei Wahrnehmungsarten, die uns in der Dianetik interessieren. Wenn der Auditor mit Menschen spricht und untersucht, wie sie auf Gesehenes und Gehörtes reagieren, wird er eine grosse Variationsbreite in der Beschaffenheit der Reaktionen finden.

Der Rückruf ist für die Therapie unmittelbar am wichtigsten, denn er ist kein Symptom, sondern ein wirkliches Arbeitswerkzeug. Man kann den Rückruf auf viele Arten einsetzen. Der Clear hat für jeden einzelnen seiner Sinne einen lebhaften und genauen Rückruf. Bei Aberrierten kommt das nur selten vor. Der Auditor ist hier nur am Gesichts- und Gehörsinn interessiert, weil die anderen Sinne im Laufe der üblichen Therapie von selbst ins Spiel kommen und dann behandelt werden. Doch wenn er einen Patienten ohne Geräusch­rückruf hat, so heisst es aufpassen. Und wenn er einen Patienten hat, der weder Geräuschrückruf noch Sehrückruf hat – Achtung! Das ist ein Anzeichen der multivalenten Persönlichkeit, des Schizophrenen, des Paranoikers der Psychiatrie; die Symptome mögen nicht so akut sein, dass der Betreffende im normalen Leben so eingestuft würde. Das heisst nun absolut nicht, dass Menschen ohne Seh- und Geräusch­rückruf geisteskrank seien; es bedeutet jedoch, dass ihr Fall über­durchschnittlich schwierig ist und eine längere Behandlung erfor­dern wird. Es heisst auch nicht, dass der Fall »unheilbar« sei, denn nichts wäre von der Wahrheit weiter entfernt; solche Fälle bedürfen jedoch manchmal einer Behandlung von fünfhundert Stunden. Das heisst einfach, dass ein solcher Fall kein Spaziergang durch den Park sein wird: ein Drama liegt in diesem reaktiven Verstand, ein Drama, aus dem es spricht: »Sieh nicht! Hör nicht!« Einige Engramme dieses Falls befehlen die Schwächung oder Ausschaltung der Rückruffähig­keit. Die Aufnahmefähigkeit der Seh- und Gehörorgane mag dabei sogar übersteigert sein. Allerdings braucht an der Art, wie diese Person Licht- oder Schallwellen empfängt und aufzeichnet, über­haupt nichts verkehrt zu sein. Nur kann sie diese Aufzeichnungen hinterher nicht ohne weiteres aus der Standardbank zurückbekom­men, weil die reaktive Engrammbank Schaltkreise (Absperr-Dämonenschaltkreise) errichtet hat, um zu verhindern, dass die Person etwas über ihre Vergangenheit erfährt. Natürlich gibt es Abstufun­gen in der Rückruffähigkeit.

Der Test ist einfach. Der Auditor fordert den wachbewussten Patienten auf, zu dem Zeitpunkt »zurückzugehen«, als er das Zim­mer betrat, und fragt ihn, was gesagt wurde. Wenn er es bei vollem Bewusstsein »hören« kann, besitzt er Geräuschrückruf. Der Auditor weiss genau, was gesagt wurde, denn wenn er diesen Test verwenden will, äussert er eine bestimmte Reihe von Worten und vermerkt die tatsächlich vorhandenen Geräusche. Auf diese Weise wird der Audi­tor auch darüber informiert, ob der Patient in die nachstehend be­schriebene Kategorie des Dub-in fällt.

Der Test zur Prüfung des Sehrückrufes ist ebenso einfach. Man zeigt dem Patienten ein Buch mit einer Illustration und fordert ihn nach einer gewissen Zeit auf »zurückzugehen«, während er hellwach ist. Er soll »mit dem geistigen Auge« das Buch anschauen und versu­chen, es zu sehen. Kann er das nicht, so leidet er an Hyposehen.

Durch weitere, ähnliche Tests kann eindeutig festgestellt wer­den, ob unser Patient rückrufblind oder -taub ist oder ob er in die nächste Gruppe fällt: die der übersteigerten Phantasie, die Gesehe­nes und Gehörtes begeistert »fehlnachbildet« (Dub-ins davon macht), ohne dass der Patient davon weiss; sie behindert schnelle Therapie sehr. Es gibt viele Dämonenschaltkreise, die das Denken verheddern; sind aber diese speziellen Dub-in-Dämonen am Werk, so wird der Auditor eine ungeheure Ladung von – wie er es volkstümlich aus­drückt – »Müll« erhalten. Im Gehirn arbeitet etwas, das in jenem respektlosen Berufsjargon, der sich durch nichts verhindern lässt und der auf diesem Gebiet üppig spriesst, »Lügenfabrik« genannt wird.

Bittet man den Patienten, das Gespräch wiederzugeben, das stattfand, als er zur Tür hereinkam, indem er es wieder »hört«, so kann es sein, dass er zuversichtlich allerlei von sich gibt, das entwe­der ziemlich ungenau oder ganz und gar erfunden ist. Bittet man ihn, über das Bild und die Seite zu berichten, die ihm gezeigt wurde, so wird er deutlich eine Menge mehr »sehen«, als da war, oder sogar etwas ganz anderes. Drängen sich ihm Zweifel auf, so ist das ein gutes Zeichen. Ist er aber »ganz sicher«, dann geben Sie acht: es ist dann einer jener Dämonenschaltkreise am Werk, die ohne analyti­sches Wissen Dub-ins ausspeien. Der Auditor wird sich eine Unmen­ge Geschehnisse anhören müssen, die niemals geschehen sind. Er wird aussortieren und sich beständig seinen Weg durch diesen »Müll« bahnen müssen, um den Preclear schliesslich zu dem Punkt zu bringen, wo die Daten verlässlich sind. (Die Einstufung als »Müll« erfolgt nicht aufgrund der Unwahrscheinlichkeit eines Geschehnis­ses, Wahrheit ist immer seltsamer als Dichtung; sie erfolgt durch Versuche, Engramme zu reduzieren, die es nicht gibt, oder En­gramme zu übergehen, die vorhanden sind, und so weiter in einem verworrenen Mischmasch.)

Ein optimaler Preclear wäre jemand, der auf Geräusche und Seheindrücke normal reagiert, der einen genauen Geräusch- und Sehrückruf hat und sich in farbigen Bildern und Geräuschen mit Klang Phantasien machen kann und dabei wüsste, dass es nur Phan­tasien sind. Dieser Mensch – das sollten Sie klar verstehen – mag dennoch Aberrationen haben, die ihn veranlassen, jeden Schornstein der Stadt zu besteigen, jede Nacht in jeder Bar alle Flaschen leer zu ­trinken (oder es zumindest zu versuchen), seine Frau zu schlagen, seine Kinder zu ertränken und sich selbst für einen Jupp-Jupp-Vogel zu halten. Auf psychosomatischer Ebene mag er Arthritis, Gallenbla­senleiden, Hautentzündungen, Migräne und Plattfüsse haben. Er kann auch an jener viel schrecklicheren Aberration leiden, dem Stolz darauf, durchschnittlich und »angepasst« zu sein. Trotz allem ist die­ser Fall noch immer verhältnismässig einfach zu klären.

Im Fall eines Patienten, der ohne Dub-ins Absperrungen für Geräusch- und Sehrückruf hat, haben wir es mit Engrammen zu tun, die einige der wichtigsten Arbeitsmechanismen des Verstandes ausge­schaltet haben. Der Auditor wird sich Stunden und Stunden plagen müssen, bei dem Versuch, Kontakt zu Engrammen herzustellen, die der Patient weder sehen noch hören kann. Jemand, der lediglich einen ausgeschalteten Geräuschrückruf hat, wird dennoch für den Auditor erheblich mehr Arbeit machen, als er bei einem durch­schnittlichen Fall aufzuwenden hätte. Es ist alles andere als unmög­lich, einen solchen Fall zu lösen. Hier besteht nicht die Absicht, irgendjemanden von dem Versuch abzuschrecken, einen solchen Fall zu behandeln. Der Fall wird jedoch nur nach langer, ausdauernder Bemühung zu lösen sein. Eine solche Person mag auf den ersten Blick sehr erfolgreich, ausserordentlich intelligent und fast oder gänzlich frei von psychosomatischen Krankheiten sein. Und dennoch wird sich zeigen, dass sie eine vollgestopfte Engrammbank hat, aus der beliebige Teile jederzeit restimuliert werden können, um die Per­son unter sich zu begraben. Gewöhnlich ist aber dieser Falltyp über­mässig besorgt und ängstlich, und diese Sorge und Ängstlichkeit wer­den die Arbeitszeit um einiges verlängern.

Bei Dub-ins, wo die Schaltkreise der Person einen veränderten Rückruf wiedergeben, ohne dass sie es weiss, haben wir einen Fall, der sich wahrscheinlich als sehr langwierig erweisen und kunstvolle Be­handlung verlangen wird. Denn in dieser Engrammbank liegt irgendwo eine »Lügenfabrik«. Dieser Mensch mag in seinem Alltagsle­ben die Wahrhaftigkeit in Person sein. Wenn er jedoch beginnt, seine Engramme anzugehen, so kommen Engramminhalte zur Wirkung, die ihn veranlassen, falsches Material zu liefern.

Klipp und klar, ohne weitere Einschränkungen und Bedingun­gen, läuft also die dianetische Diagnose einfach auf Folgendes hin­aus: die Aberration ist der Engramminhalt; die psychosomatische Krankheit ist die früher erfolgte Verletzung; geschwächte oder ge­steigerte Seh- und Geräuschwahrnehmung, geschwächter Rückruf und übersteigerte Phantasie bestimmen die Dauer des Falles.

Wenn der Auditor noch ein wenig mehr tun will, so kann er die geistige und die körperliche Position auf der Tonskala aufzeichnen, die die Person im Allgemeinen einnimmt. Eine stumpfe und apathi­sche Frau bewegt sich natürlich in der Nähe von Tonstufe 0,5 in der Nullzone der Skala der Überlebensdynamik, wie sie an früherer Stel­le in diesem Buch dargestellt ist. Ein zu Wut oder Feindseligkeit neigender Mann wird etwa auf Stufe 1,5 oder allgemein irgendwo in der Zone 1 der Überlebensskala einzustufen sein. Diese Eintragun­gen würden für die vermutliche Durchschnittstonstufe der En­grammansammlung im reaktiven Verstand gelten. Das ist interessant, denn es bedeutet, dass ein Mensch in der Zone Null mit weitaus grösserer Wahrscheinlichkeit krank wird und etwas schwieriger zu klären ist als ein anderer in der Zone 1. Und da die Therapie die Tonstufe zur Zone 4 hin anhebt, ist der Fall, der sich auf Stufe 1,5 befindet, dem Ziel bereits näher.

Die Dauer der Therapie zu bestimmen ist schwierig, denn wie schon erwähnt wurde, hängt sie von mehreren Variablen ab, wie beispielsweise von der Geschicklichkeit des Auditors, den restimulie­renden Faktoren in der Umgebung des Patienten und natürlich auch einfach von der Menge der Engramme.

Dem Auditor wird angeraten, als seinen ersten Fall ein Fami­lienmitglied oder einen Freund auszusuchen, und zwar jemanden, der an einen optimalen Preclear so nahe wie möglich herankommt, d.h. einen Menschen mit Seh- und Geräuschrückruf und durch­schnittlichen Wahrnehmungen. Bei der Klärung dieses einen Falles wird er aus erster Hand viel von dem lernen, was man in der En­grammbank eines jeden Verstandes zu erwarten hat; und er wird deutlich sehen, wie sich Engramme verhalten. Wenn der Auditor selbst in eine der schwierigeren Gruppen fällt und mit jemandem zusammen­arbeiten möchte, der auch in eine dieser Gruppen fällt, so ergeben sich keine grösseren Schwierigkeiten. Beide Fälle können in einem Hundertstel der Zeit, die jede frühere Technik auf dem Gebiet geisti­ger Heilung beansprucht hat, zum Release gemacht werden; und wenn sie nur ein bisschen geschickt sind, sollten sie nach je fünfhun­dert Stunden Arbeit zum Clear geworden sein. Doch wenn zwei Fälle sich als besonders schwierig erweisen, wären sie gut beraten, wenn jeder der beiden zuvor einen beinahe optimalen Preclear findet und klärt und sie erst dann miteinander arbeiten. Auf diese Weise wer­den beide befähigt werden, auch einen schwierigeren Fall anzu­steuern.

Soviel über die Diagnose. Die übrigen Arten der Wahrnehmung, des Rückrufs und der Phantasie sind interessant, aber nicht unbe­dingt erforderlich, wenn es um die Einschätzung der für die Therapie benötigten Zeit geht. Auch der Intelligenzquotient (IQ) ist kein Fak­tor von grösserer Bedeutung, solange er nicht gerade auf dem Niveau eines Schwachsinnigen liegt. Und selbst für diese Fälle gilt die Re­gel, dass der IQ jedes Patienten bei der Klärung wie eine Rakete hinaufschiesst und sich während der Arbeit ständig erhöht.

Es gibt, wie gesagt, auch organische Geisteskrankheiten. Iatrogene, d. h. durch Ärzte verursachte Psychosen sind in der Dianetik ungewisse Fälle, denn ein Teil der Maschinerie kann zerstört worden sein. Gleichwohl kann bei vielen organischen Psychosen der Zustand des Falles durch dianetische Therapie ebenfalls gebessert werden, wenn auch ein Optimum nicht erreichbar ist. Ein Auditor kann also nichts weiter tun, als den Versuch zu unternehmen. Im übrigen sind Geisteskrankheiten, die durch fehlende Teile des Nervensystems verursacht werden, bisher von Auditoren nicht sehr ausgiebig unter­sucht worden; Tote wiederzubeleben ist nicht das Endziel der Diane­tik, deren Hauptgewicht auf der Herstellung eines optimalen Gei­steszustandes bei normalen oder lediglich neurotischen Personen liegt. Die Dianetik kann natürlich auch in anderer Art und Weise angewandt werden, was auch geschieht und weiterhin geschehen wird. Doch angesichts so vieler potentiell wertvoller Menschen, die für sich selbst und für die Gesellschaft äusserst wertvoll gemacht werden können, wurde das Schwergewicht auf nichtorganische gei­stige Störungen und organische psychosomatische Krankheiten ge­legt. Die Erfolgsaussichten der dianetischen Therapie sind als frag­würdig zu betrachten, wenn der betreffende Fall einer frontopolaren Leukotomie (eine Operation, bei der ein Teil des analytischen Verstandes herausgesägt wird), einer Topektomie (bei der man Teile des Gehirns herausholt, so etwa wie man mit einem Apfelentkerner das Kernge­häuse herausbohrt), oder einer transorbitalen Lobotomie unterzogen wurde (bei der dem Patienten, während er Elektroschocks erhält, ein ganz gewöhnlicher Stocher durch jede Augenhöhle hinaufgestossen wird, um den Analysator auseinanderzureissen); das gleiche gilt für Fälle, die Elektroschock-Therapie erfahren haben, bei der das Ge­hirn mit 110 Volt versengt wird, oder Insulinschocks oder anderen derartigen Behandlungen ausgesetzt waren. Es gibt andererseits auch gewöhnliche organisch bedingte Geisteskrankheiten, wie z. B. die progressive Paralyse; doch solche Menschen können in den mei­sten Fällen trotzdem einen Nutzen aus der Dianetik ziehen.