Das Überlebensfeindliche Engramm

Dies ist der Typ von Engrammen, die quer über den Dynamiken liegen und der Absicht des Menschen nicht entsprechen. Hier als Beispiel eine Auseinandersetzung zwischen Mutter und Vater kurz nach der Empfängnis: Vater stösst Mutter in den Bauch. Sie schreit (die ersten Sinneswahrnehmungen des Embryos sind Schmerz, Druck, Geräusch des Stosses und des Geschreis), und er sagt: »Gott verdamme dich, ich hasse dich! Du taugst nichts. Ich werde dich umbringen!« Die Mutter fleht: »Schlag mich nicht noch einmal. Bitte nicht. Ich bin verletzt. Ich bin verletzt. Ich werd’ rasend vor Schmer­zen!« Der Vater sagt: »Bleib da liegen und verrotte! Auf Wieder­sehen!«

Mit diesem vorgeburtlichen Engramm haben wir eine ernste aberrierende Situation – erstens, weil es früh liegt; zweitens, weil sein Inhalt sagt, dass die Person, die es hat, verletzt und rasend ist; drittens, weil es einen Holder hat und weil daher ein erhebliches Risiko besteht, dass es chronisch wird (»bleib da liegen«); viertens, weil es Krankheit erzeugen kann (»und verrotte«); fünftens, weil es eine religiöse Nebenbedeutung hat, die sich auf Gott und Verdammt­werden bezieht; sechstens, weil es dem betreffenden Menschen das Gefühl gibt, dass andere Leute nichts taugen (»du« gilt gewöhnlich für andere Leute); siebtens, weil es dem Wortlaut nach die emotionelle Tonstufe der Feindseligkeit enthält (»ich hasse dich«); und ach­tens, weil der Mensch nach der Geburt mit den restimulierenden Personen, Vater und Mutter, zusammenleben muss. Es hat noch wei­tere Auswirkungen, da es dem Aberrierten – wie alle Engramme – zusätzliche und unnötige Valenzen gibt, in diesem Falle zwei; die eine, die der Mutter, ist eine Feiglingsvalenz, und die andere, die des Vaters, eine Tyrannenvalenz. Unser Mann kann das auf verschiede­ne Arten dramatisieren: Wenn er es nicht dramatisiert, fühlt er jedes Mal, wenn das Engramm restimuliert wird, den Schmerz (da er dann in seiner eigenen Valenz wäre); dramatisiert er die Mutter, fühlt er den Schmerz, den sie empfing, also einen Stoss in den Bauch (während der eigene Schmerz am Kopf und am Herzen war); drama­tisiert er den Vater, kommt er mit der Gesellschaft in Schwierigkei­ten, ganz zu schweigen von seiner eigenen Frau und seinen Kindern. Kein Engramm, welcher Art auch immer, bietet irgendeinen Vorteil, doch solange eine Person Engramme hat, helfen manche Arten, ins­besondere die Mitgefühlsengramme, feindliche Engramme fernzu­halten.

Das zweite Beispiel eines überlebensfeindlichen Engramms ist ein morgendliches Erbrechen, wobei sich die Mutter so heftig über­gibt, dass das Kind durch den überaus starken Druck »bewusstlos« wird. Die Mutter erbricht sich, schnappt nach Luft und sagt zwischen den Anfällen zu sich selbst: »Oh, warum bin ich überhaupt geboren worden? Ich wusste, ich hätte ihn nie in mich hineinlassen sollen. Ich wusste es, ich wusste es. Es war falsch, aber er musste es trotzdem tun. Urrg – wie eklig. Sex ist eklig. Schrecklich ist er. Ich verabscheue Sex. Ich hasse Männer. Ich hasse sie. Urrg – es will nicht hochkom­men, es will nicht hochkommen. Mir ist so schlecht, und es will nicht hochkommen.«

Eine Frau könnte so etwas während einer Schwangerschaft dra­matisieren; ein Mann dagegen könnte es so natürlich nicht dramati­sieren, sondern nur als Magenverstimmung. Das morgendliche Er­brechen scheint hauptsächlich eine aus Engrammen stammende Aberration zu sein. Irgendwann vor langer Zeit hat sich wohl eine Mutter aufgrund einer Lebensmittelvergiftung übergeben und die ganze Sache ins Rollen gebracht – vielleicht als die Menschen noch auf Bäumen lebten. Beachten Sie aber, dass sich die Mutter wirklich erbricht, dass ihr Mageninhalt wirklich ausgespien wird. Das En­gramm sagt jedoch, dass es nicht hochkommen will. Dramatisiert die Person dieses Engramm in ihrer eigenen Valenz, dann erlebt sie Druck und »Bewusstlosigkeit«. Daher ist eine solche Dramatisierung unmöglich; wenn es dramatisiert wird, muss es als die Mutter drama­tisiert werden; es wird aber weniger die Handlung dramatisiert, als vielmehr der Befehl, und so entsteht die Situation, dass die Person mit einem solchen Engramm, wenn ihr übel ist, sich nicht erbrechen kann. Der Befehl des Engramms ist wichtiger als die Handlungen, die die Menschen darin ausführen. Auf reaktivem Niveau gibt es keine Vernunft. Wenn dies auf bewusstem Niveau läge, wo es natür­lich nicht aberrierend wäre, könnte die Handlung nachgeahmt wer­den und enthielte dann tatsächlich Erbrechen, denn auf bewusster Ebene ist die Handlung wichtiger als der Wortinhalt.

Wenn wir in der Therapie auf dieses Engramm stossen, können wir Schwierigkeiten haben, in es einzudringen, denn es sagt: »Ich hätte ihn nicht in mich hineinlassen sollen«; das ist ein Denyer. Au­sserdem finden wir in der Redewendung »Es will nicht hochkommen« einen Holder. Das Engramm wird sich ganz sicher in dem Augen­blick heben lassen, in dem diese Worte und das Somatik ans Licht kommen – der Wortinhalt könnte das Durchlaufen des Engramms nicht unterbrechen. Lässt sich das Engramm nicht heben, so liegt es daran, dass es ein früheres Engramm sehr ähnlichen Inhalts gibt (ein Aberrierter folgt einem Dramatisierungsmuster, das er ständig wie­derholt, und so verabreicht er den Menschen um sich herum viele Geschehnisse, die ausser ihrer Position in der Zeit mehr oder weniger gleich sind). Der obige Befehlssatz könnte in der Umwelt (jedoch nicht in der Therapie) so stark restimuliert werden, dass er Wahnsinn zur Folge hätte, denn »es« kann sich auch auf das Kind beziehen, das nicht in die Gegenwart vordringen kann, wenn es sich mit dem Wort »es« identifiziert. In der Therapie wird dem Engramm schon dadurch etwas von seiner Kraft genommen, dass es von dem zurückgekehrten analytischen Verstand berührt wird. Weiterhin entdeckt der Auditor, dass sich der Patient nicht auf dem Time-Track bewegt. Eine Unter­suchung der Situation lässt bald den Holder erkennen, denn der Pa­tient wird früher oder später »will nicht hochkommen« sagen, auch wenn der Auditor nicht gleich darauf gekommen ist.

Hinsichtlich der Aberration würde dieses Engramm vermutlich eine schwere Sperre quer über die Zweite Dynamik legen; wir wür­den feststellen, dass die Person frigide, prüde und mit Kindern grob ist (diese Dinge treten in verschiedenen Kombinationen auf). Weiter­hin würden wir feststellen, dass der Betreffende sich davor fürchtet, »er« werde, wenn er etwas als falsch erkennt, es trotzdem tun müs­sen. Im psychosomatischen Bereich könnten durch dieses Engramm Kopfschmerzen während oder wegen des Beischlafs oder eine Nei­gung zur Übelkeit bei jedem Geschlechtsverkehr verursacht werden. Jede einzelne Redewendung dieses Engramms kann, wie jede beliebi­ge andere engrammatische Redewendung, sowohl das Somatik als auch die Aberration einschalten, vorausgesetzt natürlich, dass sich die Person in einem Zustand geringer analytischer Kraft befindet, wie es bei Erschöpfung oder leichter Krankheit der Fall ist. Somit wartet dieses Engramm, bis jemand während einer zukünftigen Pe­riode der »Bewusstlosigkeit« äussert (und nach Möglichkeit mit einer Stimme, die sich so anhört wie die der Mutter durch die Wände des Bauches und der Gebärmutter): »Urrg – wie eklig!«, oder irgendeine andere Redewendung, die es einkeyt. »Ekliger«, nebenbei bemerkt, würde es nicht einkeyen; »würg« würde es trotz der Ähnlichkeit mit »urrg« nicht einkeyen. Das Geräusch des Erbrechens selbst würde es wahrscheinlich einkeyen.